Wer nach Deutschland einreisen will, muss einen negativen Corona-Test vorweisen.
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Tschechische Pendler müssen sich alle zwei Tage auf Covid-19 testen lassen.

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Wie tschechische Pendler die Infektionszahlen beeinflussen

Weil besonders die bayerischen Landkreise nahe der tschechischen Grenze hohe Infektionszahlen aufweisen, mutmaßen einige, Pendler aus dem benachbarten Tschechien seien der Grund dafür. So einfach ist es aber nicht. Ein #Faktenfuchs.

Die Landkreise Tirschenreuth, Hof, Wunsiedel und Regen verzeichnen seit Wochen sehr hohe Inzidenzzahlen. Alle vier Landkreise liegen direkt an der Grenze zu Tschechien, wo sich von den etwa zehn Millionen Einwohnern laut Zahlen der Johns Hopkins University bereits knapp eine Million mit dem Coronavirus infiziert hat. Tschechien gilt seit dem 24. Januar 2021 als Risikogebiet. Pendler dürfen weiterhin nach Deutschland einreisen, müssen aber bei der Einreise einen maximal 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen.

Obwohl die tschechischen Pendler regelmäßig auf das Coronavirus getestet werden, wird im Netz darüber diskutiert, ob die hohen Corona-Zahlen in der Grenzregion mit der Nähe zu Tschechien erklärt werden können.

Ein User fragte BR24 in einer Kommentarspalte:

"Zählen Tschechen, die sich in Deutschland testen lassen, da hier, im Gegensatz zu zuhause, der Test kostenlos ist, bei positivem Befund zu 'unseren' Zahlen und könnten diese deshalb in Grenznähe höher sein?"

Der #Faktenfuchs hat überprüft, welchen Einfluss tschechische Pendler auf das Infektionsgeschehen in der bayerischen Grenzregion haben.

Wie viel kostet ein Corona-Test in Tschechien?

In Tschechien kostet ein PCR-Test zwischen 74 und 115 Euro und ein Schnelltest zwischen 15 und 25 Euro, sagt Zuzana Vintrová von der tschechischen Pendlervereinigung dem BR24-#Faktenfuchs. Wie hoch die Kosten letztendlich ausfallen komme unter anderem darauf an, wo man sich in Tschechien testen lasse und ob man eine Bestätigung für die Einreise nach Deutschland brauche oder nicht, so Vintrová. Für die Einreise nach Deutschland wird beides akzeptiert: negativer PCR-Test oder negativer Schnelltest.

Nach der Bayerischen Teststrategie übernimmt der Bayerische Staat die Kosten der Corona-Tests für alle bayerischen Bürger sowie für diejenigen, die sich regelmäßig beruflich in Bayern aufhalten. Darunter fallen auch tschechische Pendler, die sich in Bayern testen lassen.

Zählen in Deutschland positiv getestete Tschechen zu "unseren" Infektionszahlen?

Nein. Die Landkreise melden nur dann positive PCR-Testergebnisse an das Landesamt für Gesundheit, wenn die Person mit Erstwohnsitz im jeweiligen Landkreis gemeldet ist. Denn: Bei Testungen gilt das Wohnortprinzip, wie das bayerische Gesundheitsministerium auf Anfrage des #Faktenfuchs mitteilt. "Das Testergebnis wird also immer am Ort des Wohnsitzes statistisch erfasst."

Wenn ein tschechischer Pendler zum Beispiel im Landkreis Wunsiedel positiv getestet wird, übergibt das zuständige Gesundheitsamt seinen Fall an die tschechischen Behörden. Diese leiten dann eine Quarantäne und alle weiteren erforderlichen Maßnahmen ein. Der Fall fließt also nur in Tschechien in die Statistik ein.

Bei den deutschen Gesundheitsämtern wird die Meldung eines positiv getesteten tschechischen Pendlers lediglich dazu verwendet, die Kontakte des Pendlers am Arbeitsplatz oder auch beim Einkaufen nachzuverfolgen, sagt die Sprecherin des Landkreises Wunsiedel dem #Faktenfuchs.

Sind Grenzgänger für die hohen Infektionszahlen verantwortlich?

Etwa 30.000 Menschen pendeln laut der Deutsch-Tschechischen Industrie- und Handelskammer jeden Tag von Tschechien nach Bayern. Sie müssen sich, seit Tschechien als Risikogebiet eingestuft wurde, alle zwei Tage testen lassen - so sieht es die Coronavirus-Einreiseverordnung vor.

An den bayerischen Teststationen müssen sie dafür eine Bescheinigung ihres deutschen Arbeitgebers vorlegen. Darüber hinaus führen sowohl die Bundespolizei als auch die bayerische Polizei verstärkt stichprobenartig Kontrollen durch. Das geht aus Antworten auf eine Anfrage des #Faktenfuchs an die Bundespolizei und die bayerische Polizei hervor. Bei den Kontrollen verlangen die Beamten demnach neben einem negativen Corona-Test auch Auskünfte über den Grund des Aufenthalts.

Im Landkreis Wunsiedel gibt es insgesamt drei Testzentren, zwei davon an der Grenze zu Tschechien. Zwischen dem 28. Januar und 03. Februar wurden an den beiden grenznahen Testzentren laut der Sprecherin des Landratsamts täglich circa 1.400 Personen mittels PCR- und Schnelltest auf das SARS-CoV-2-Virus getestet. Fünf Prozent der Testergebnisse waren positiv. In den Testzentren können sich zwar auch Einheimische testen lassen, zwei Drittel der getesteten Personen sind aber laut Einschätzung des Landratsamts Wunsiedel Pendler aus Tschechien.

Im Landkreis Tirschenreuth sieht die Situation ähnlich aus: Dort wurden im Zeitraum vom 26. Januar bis 02. Februar 7.539 tschechische Staatsbürger mittels PCR- und Schnelltests getestet - 131 davon waren positiv, das entspricht 1,7 Prozent.

Im Landkreis Regen gab es in der Woche nach Einführung der Testpflicht 1.042 Testungen mit insgesamt vier positiven Tests - eine Positivrate von 0,3 Prozent.

Keine auffällig hohe Zahl an positiv getesteten Pendlern

In seinem Newsletter "KIM" schreibt das bayerische Innenministerium von einer durchschnittlichen bayernweiten Positivrate von fünf bis sieben Prozent. Danach sind die Testzentren der Grenz-Landkreise innerhalb der "Norm".

Eins zu eins kann man die Positiv-Raten von Grenzgängern und Einheimischen aber nicht vergleichen. Tschechische Grenzpendler lassen sich viel häufiger testen - und das auch ohne Symptome. Einheimische gehen vor allem dann zum Coronatest, wenn sie Symptome bemerken oder Kontaktperson eines Corona-Infizierten sind. Laut dem Sprecher des Landratsamts in Tirschenreuth spiegelt sich das auch in einer höheren Positivquote bei Einheimischen wieder: Die sei meist ein bis drei Prozent höher als bei den Grenzpendlern aus Tschechien.

Auch wenn man diesen Faktor mit einbezieht, ist die Quote an positiven Tests in den grenznahen Testzentren kein Hinweis auf einen besonderen Einfluss der Tschechen auf das Infektionsgeschehen in der bayerischen Grenzregion.

Laut dem bayerischen Gesundheitsministerium ist es zwar nicht auszuschließen, dass es zu Infektionen über die Landesgrenzen hinweg komme. Das gelte aber auch für Regionen innerhalb Bayerns oder Deutschlands, die an Gebiete mit hohen Inzidenzen angrenzen, schreibt eine Ministeriumssprecherin dem #Faktenfuchs auf Anfrage.

"Inwiefern das Infektionsgeschehen einer Region Einfluss auf die weitere Entwicklung der Infektionszahlen anderer Regionen hat, hängt jedoch im Wesentlichen stark von den lokal ergriffenen Maßnahmen und deren Befolgung in beiden Gebieten ab." Das seien unter anderem die Einhaltung der Ausgangsbeschränkungen oder der Hygiene- und Abstandsregeln.

Landkreis Regen: "Wir haben keine Erklärung für die hohen Infektionszahlen"

Ähnlich vage sind die Antworten der Landratsämter entlang der tschechischen Grenze, die der #Faktenfuchs angeschrieben hat. Tatsächlich kann kein Landkreis nachweisen, dass die eigenen Infektionszahlen direkt mit denen des Nachbarlandes zu tun haben. Heiko Langer, Sprecher des Landkreis Regen, antwortet auf die Mailanfrage des #Faktenfuchs:

"Wir haben keine Erklärung für die hohen Infektionszahlen, nachdem sowohl in Tschechien als auch bei uns die Zahlen im Grenzgebiet besonders hoch sind, könnte man mutmaßen, dass dies auch mit dem Grenzverkehr zusammenhängt. Einen Beweis gibt es nicht."

Auch im Landkreis Tirschenreuth können nach Auskunft eines Sprechers eindeutige Verbindungen zwischen den hohen Inzidenzzahlen in Tschechien, den Grenzpendlern und den hohen Infektionszahlen im Landkreis nur schwer nachgewiesen werden.

"In Einzelfällen können Infektionen bei deutschen Staatsbürgern auf positiv getestete tschechische Grenzpendler zurückgeführt werden", sagte ein Sprecher des Landkreis Tirschenreuth dem #Faktenfuchs. Allerdings lasse sich ein Zusammenhang in unklaren Fällen auch nicht ausschließen, denn das Gesundheitsamt müsse den Aussagen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber Glauben schenken. Deren Richtigkeit lasse sich aber nicht überprüfen.

Im Landkreis Hof geht man laut einer Sprecherin durchaus davon aus, dass sich die sehr hohe Inzidenz von über 1.000 in der tschechischen Nachbarregion Eger auf das Hofer Land auswirke. In 36 Betrieben im Landkreis und der Stadt Hof wurden laut der Sprecherin des Landkreises in den vergangenen Tagen tschechische Mitarbeiter positiv getestet. Da es in Hof keine eigenen Testzentren nahe der Grenze gibt, die von tschechischen Pendlern genutzt werden können, dürfen auch speziell geschulte Mitarbeiter, die sich zum Beispiel beim Deutschen Roten Kreuz engagieren, in Betrieben die Schnelltests durchführen.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) stellt für Bayern generell einen steigenden Anteil der Ansteckungen am Arbeitsplatz fest. Eine Sprecherin des LGL betont gegenüber dem #Faktenfuchs aber auch, dass es sich bei den Corona-Ausbrüchen in Bayern "zumeist um ein diffuses Geschehen mit zahlreichen Häufungen in privaten Haushalten handelt."

Fazit

In bayerischen Testzentren nahe der Grenze, wo viele tschechische Pendler getestet werden, bewegt sich die Positiv-Rate bei Corona-Tests im bayerischen Durchschnitt von fünf bis sieben Prozent - oder liegt sogar darunter. Sie gibt also keinen Hinweis auf einen besonders hohen Einfluss der tschechischen Pendler auf das Infektionsgeschehen in der bayerischen Grenzregion.

Die Landkreise in der Grenzregion gehen trotzdem davon aus, dass der Grenzverkehr einen gewissen Einfluss auf das Infektionsgeschehen hat. Das bayerische Gesundheitsministerium weist aber darauf hin, dass die Entwicklung der Infektionszahlen vor allem von der Einhaltung der lokalen Maßnahmen abhänge.

Tschechische Pendler, die in Deutschland positiv getestet werden, zählen nicht in die Statistik des Landkreises, in dem der Test durchgeführt wurde. In dieser Statistik werden nur Personen mit Erstwohnsitz im jeweiligen Landkreis geführt. Positive PCR-Tests tschechischer Pendler werden von den Gesundheitsämtern direkt an die zuständigen tschechischen Behörden übermittelt, wo sie dann auch in die Statistik einfließen.

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