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Razzia bei Rechtsextremen Seehofer verbietet Neonazi-Gruppe "Combat 18"

Das Bundesinnenministerium geht gegen eine Gruppierung vor, die sich als "Kampfgruppe Adolf Hitler" versteht. Beamte durchsuchen nach SPIEGEL-Informationen in sechs Bundesländern Wohnungen.
Bundesinnenminister Horst Seehofer

Bundesinnenminister Horst Seehofer

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Bernd von Jutrczenka / DPA

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die rechtsextreme Gruppe "Combat 18 Deutschland" zerschlagen. Die Vereinigung richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und sei mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt, heißt es in der Verbotsverfügung.

Am Donnerstagmorgen durchsuchten nach SPIEGEL-Informationen Beamte in Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen und drei weiteren Bundesländern Wohnungen und beschlagnahmten Unterlagen.

Das Verbot zeichnete sich seit Monaten ab. Nach der Ermordung des Kasseler CDU-Politikers Walter Lübcke im Juni 2019 hatten mehrere Landesinnenminister darauf gedrängt, "Combat 18" aufzulösen. Lübckes mutmaßlicher Mörder hatte zumindest in der Vergangenheit Kontakt zu Anhängern der Truppe. Auch die EU-Polizeibehörde Europol warnte zuletzt vor länderübergreifenden Aktivitäten von "Combat 18".

Sichergestellte Waffen der Neonazi-Gruppe "Combat 18"

Sichergestellte Waffen der Neonazi-Gruppe "Combat 18"

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Horst Pfeiffer/DPA

"Combat 18" ist eine militante Neonazi-Gruppierung, die 1992 in Großbritannien gegründet wurde. Die Zahl 18 steht für den ersten und achten Buchstaben im Alphabet - A und H - und damit als Chiffre für den Namen Adolf Hitler.

In Deutschland galt die selbst ernannte "Kampfgruppe Adolf Hitler" um die Jahrtausendwende als bedeutende rechtsextreme Organisation. Zwischenzeitlich war es ruhiger geworden um die Gruppe, spätestens seit 2014 gab es jedoch Hinweise, dass sie sich neu formierte.

Nutzung des Logos und des Schriftzugs der Gruppe ist ab sofort strafbar

Die deutschen Sicherheitsbehörden rechneten der Neonazi-Gruppe zuletzt rund 20 Mitglieder zu, die sich untereinander zur strengen Verschwiegenheit verpflichtet haben sollen ("Brüder schweigen"). Der vielsagende Leitspruch der Neonazis lautete: "Whatever it takes" - was auch immer notwendig ist.

Als Führungsfiguren von "Combat 18" in Deutschland galten zuletzt Stanley Röske, 43, aus der Nähe von Kassel und der Dortmunder Neonazi Robin Schmiemann, 35.

Schmiemann soll vor einigen Monaten vermummt und mit verzerrter Stimme als "Combat 18"-Sprecher in einem Video aufgetreten sein. Er gilt als gewaltbereit. Wegen eines Supermarkt-Überfalls, bei dem er einen Tunesier anschoss, saß er lange im Gefängnis. Während der Haft pflegte er eine innige Brieffreundschaft mit der NSU-Terroristin Beate Zschäpe.

Der zuletzt in Thüringen ansässige Rechtsextremist Röske trainierte im Herbst 2017 mit weiteren "Combat 18"-Mitgliedern in Tschechien das Schießen. Bei der Rückreise hielt die Spezialeinheit GSG9 die Gruppe auf, Röske erhielt eine Geldstrafe wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Durch Medienrecherchen wurden zudem Kontoauszüge öffentlich, wonach bei ihm Mitgliedsbeiträge für "Combat 18" eingingen.

Anfang der Nullerjahre bewegte sich Röske in derselben Szene wie der mutmaßliche Lübcke-Mörder Stephan Ernst, Fotos zeigen die beiden bei einem Neonazi-Aufmarsch in Kassel. Berichte, wonach Ernst im März 2019 bei einem geheimen "Combat 18"-Treffen gewesen sein soll, erwiesen sich jedoch als offenkundig falsch.

Mit dem Verbot von "Combat 18" in Deutschland macht sich ab sofort strafbar, wer den Schriftzug der Neonazi-Organisation verwendet. Ebenfalls verboten ist es, das Logo der Gruppe zu benutzen: einen weißen Drachen mit ausgefahrenen Krallen.

Bei dem Einsatz waren laut Innenministerium 210 Beamte im Einsatz. Unter anderem wurden Handys, Kleidung, NS-Devotionalien, Propagandamittel, waffenrechtlich relevante Gegenstände und Laptops beschlagnahmt. "Das heutige Verbot ist eine klare Botschaft: Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz", sagte Seehofer zum Verbot der Gruppe.