Der Braunkohletagebau hat sich bis an die Häuser von Lützerath herangearbeitet

Polizei bereitet Einsatz für Lützerath-Räumung vor

Stand: 23.12.2022, 13:13 Uhr

Anfang Januar wird die Aachener Polizei einen Großeinsatz rund um den Tagebau Garzweiler II starten. Es ist die Vorbereitung auf die geplante Räumung von Lützerath.

Von Thomas Wenkert und Christian Wolf

Seit Wochen wird darüber spekuliert, wann die Räumung der besetzten Ortschaft Lützerath am Braunkohletagebau Garzweiler II los geht. Nun verdichten sich die Hinweise, dass die groß angelegte Polizeiaktion im Januar bevorsteht.

So wird die Aachener Polizei Anfang Januar einen Großeinsatz rund um den Tagebau starten. Nach Aussage von Polizeipräsident Dirk Weinspach muss vom 2. Januar an mit einer erhöhten Polizeipräsenz gerechnet werden. Ab diesem Tag können auch keine Autos mehr nach Lützerath fahren. Der Ort ist dann nur noch für Fußgänger erreichbar.

Nähere Einzelheiten bei Bürger-Info im Januar

Anfang des Jahres werde auch mit Bauten begonnen, die für den Räumungseinsatz benötigt werden. Genauere Details wollte die Polizei nicht nennen. Am 10. Januar werden die Polizei und der Kreis Heinsberg die Bürger über den Einsatz informieren. Auch Umweltaktivisten können daran teilnehmen.

Aus deren Reihen kam vor einigen Tagen die Ankündigung, dass sie Anfang Januar ein weiteres Protestcamp am Tagebau errichten wollen. Es soll in der Nähe der Erkelenzer Ortschaft Alt-Keyenberg entstehen. Zudem haben mehrere Bündnisse und Initiativen für den 14. Januar zu einer Großdemonstration am Tagebau Garzweiler II aufgerufen.

Demonstranten stehen an der Abrisskante zum Tagebau

Das Bündnis Ende Gelände ruft dabei erneut zum zivilen Ungehorsam auf. Unter dem Motto "Lützerath verteidigen" werden Tausende Demonstranten zum wahrscheinlichen Räumungsbeginn Mitte Januar erwartet. Ende Gelände kündigte die Blockade von Abrissmaschinen und die Lahmlegung des Tagebaus an. Zudem soll verhindert werden, dass Polizeibeamte nach Lützerath kommen.

Kohle unter Lützerath: Gebraucht oder nicht?

Die kleine Ortschaft beschäftigt schon seit Monaten die Politik und Öffentlichkeit. Denn unter Lützerath liegt eine große Menge Braunkohle, die der Energiekonzern RWE abbauen und zur Stromproduktion verfeuern darf. Die Ortschaft soll für den Tagebau weichen. Nicht mit uns - sagen Klimaaktivisten und halten den Weiler besetzt. Sie behaupten, dass die Kohle unter Lützerath trotz Energiekrise nicht gebraucht wird und der Ort bleiben kann.

Zelte und Holzhütten

Holzhäuser sind im Protestcamp von Umweltaktivisten zu sehen

Protestcamp in Lützerath

Während die ursprünglichen Bewohner das Dorf schon längst verlassen haben, leben dort inzwischen rund 100 Aktivisten in Zelten, Wohnwagen, Holzhütten oder Baumhäusern. "Wir bereiten uns seit zwei Jahren auf die Räumung vor", sagte vor ein paar Tagen Mara Sauer der Nachrichtenagentur epd. Die 25-Jährige lebt seit über einem Jahr in dem Camp.

Kreis Heinsberg untersagt Aufenthalt in Lützerath

Auch auf Seiten der Behörden laufen die Vorbereitungen. Erst am Dienstag dieser Woche hat der Kreis Heinsberg den Aufenthalt in dem Weiler untersagt und damit formal den Weg für eine Räumung frei gemacht. "Wird dem Platzverweis keine Folge geleistet, so bietet die Verfügung die Grundlage zur Ergreifung von Räumungsmaßnahmen ab dem 10. Januar“, hieß es von der Kreisverwaltung. NRW-Innenminister Herbert Reul hat an die Besetzer appelliert, die Situation nicht zu eskalieren.

Probleme für die Grünen

Wenn die ersten Beamten im Januar tatsächlich anrücken, wird es für die Grünen besonders heikel. 2018 kämpften sie noch Seite an Seite mit den Klimaaktivisten gegen eine Räumung des Hambacher Forstes. Der NRW-Landesverband veranstaltete sogar einen Parteitag an der Abbruchkante des Tagebaus. Mehr Schulterschluss ging nicht.

Vier Jahre später sieht die Lage völlig anders aus. Die Grünen sitzen in Düsseldorf und Berlin mit auf der Regierungsbank. Zwei bekannte Gesichter, Robert Habeck und Mona Neubaur, haben als Energieminister im Bund und in NRW im Oktober den Weg dafür frei gemacht, dass Lützerath dem Braunkohletagebau weichen muss.

Zwar wurde im Gegenzug der Kohleausstieg auf 2030 vorgezogen und die Rettung für fünf andere Dörfer beschlossen. Dennoch wird den Grünen Verrat vorgeworfen, weil sie das Aus für Lützerath mit besiegelt haben und damit angeblich die Klimaziele gefährdeten.