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Band 18 (2018), S. 76–103 Zeitschrit für Anomalistik Hellsehen für den Staat Gerard Croiset und die Suche nach Hanns Martin Schleyer (1977) Uwe Schellinger1 Zusammenfassung – Bei der Suche nach dem von der terroristischen Rote Armee Fraktion (RAF) im sogenannten „Deutschen Herbst“ 1977 entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer schaltete der Sondereinsatzstab, der nach dem Aufenthaltsort von Schleyer fahndete, den damals weithin bekannten holländischen Hellseher Gerard Croiset ein. Vermittelt wurde der Kontakt durch den Freiburger Parapsychologen Hans Bender. Diese Zuhilfenahme paranormaler Fähigkeiten in der polizeilichen Ermittlungsarbeit hat in Deutschland unter dem Begrif ‚Kriminaltelepathie‘ eine längere Vorgeschichte. Der Beitrag rekonstruiert anhand der zugänglichen Quellen den Verlauf und die verschieden interpretierten Ergebnisse dieser Suche nach Schleyer mit paranormalen Methoden sowie die nachfolgende Reaktion in deutschen Printmedien. hematisiert werden dabei die Lückenhatigkeit der vorliegenden Quellen und deren Widersprüchlichkeit. Schlüsselbegrife: Gerard Croiset – Hans Bender – Hanns Martin Schleyer – Rote Armee Fraktion – RAF – Deutscher Herbst – Hellsehen – Kriminaltelepathie Clairvoyance for the Gouvernment Gerard Croiset and the Search for Hanns Martin Schleyer (1977) Abstract – In 1977, the president of the Confederation of German Employers’ Associations, Hanns Martin Schleyer, was kidnapped by the terrorist Rote Armee Fraktion [Red Army Faction] (RAF) during the so-called „Deutscher Herbst“ [German Autumn]. In their search for Schleyer, the directors of the special deployment commando in charge for localizing him engaged the then widely known Dutch clairvoyant Gerard Croiset. He was brought in contact with this deployment commando by parapsychologist Hans Bender of Freiburg. In Germany, the utilization of paranormal skills in police investigation has an extended history under the term ‘criminal telepathy’. On the basis of the available sources, this paper reconstructs the development of the search for Schleyer by paranormal means, the diferently interpreted results as well as the subsequent reaction in German print media. he incompleteness and inconsistency of the existing sources is addressed. 1 Uwe Schellinger M. A. ist Historiker und Archivar am Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V. Freiburg (IGPP). Weitere Informationen und Publikationsverzeichnis unter http://www.igpp/archiv/cv_us_htm. E-Mail: schellinger@igpp.de http://dx.doi.org/10.23793/zfa.2018.76 Hellsehen für den Staat 77 Keywords: Gerard Croiset – Hans Bender – Hanns Martin Schleyer – Red Army Faction [Rote Armee Fraktion] – RAF – German Autumn [Deutscher Herbst] – clairvoyance – criminal telepathy Am 5. September 1977 wurde Hanns Martin Schleyer, Präsident des Arbeitgeberverbandes, in Köln in der Nähe seiner Wohnung vom „Kommando Siegfried Hausner“ der Rote-ArmeeFraktion (RAF) in einer äußerst brutalen Aktion entführt. Bei der Entführungsaktion wurden Schleyers Fahrer und drei Begleitbeamte von der RAF erschossen. Die Terroristen wollten mit der Entführung die Freilassung von elf inhatierten Mitgliedern der ersten RAF-Generation erzwingen (siehe Bauer, 2005; Hachmeister, 2004; Hürter, 2012; Plieger, 1997). Es folgten die eineinhalb Monate des „Deutschen Herbstes“, die die Republik in Atem hielten und mit der Entführung der Luthansa-Maschine ‚Landshut‘ am 13. Oktober 1977, der Befreiung der Maschine und der Geiseln am 18. Oktober 1977 auf dem Flughafen von Mogadischu in Somalia sowie der sogenannten „Todesnacht von Stammheim“ ihre traurigen Höhepunkte hatten. Am Abend des 19. Oktober 1977 wurde die Leiche von Hanns Martin Schleyer im elsässischen Mulhouse im Koferraum eines Audi 100 gefunden, wohin die RAF-Terroristen die Polizei mittels eines Bekennerschreibens geschickt hatten. Die Ereignisse des „Deutschen Herbstes“ 1977 sowie ihre unmittelbare Vor- und Nachgeschichte prägten die Bundesrepublik Deutschland auf lange Sicht hin, im Grunde bis in die Gegenwart. Man wird die „bleiernen Jahre“ als eine der am besten erforschten Jahre in der jüngeren deutschen Zeitgeschichte betrachten können. Die inzwischen entstandene Forschungsliteratur ist überaus umfangreich (siehe u. a. Hürter & Rusconi, 2010; Kirsch & Vowinckel, 2007; Kraushaar, 2006; Peters, 2004; Plieger, 2011; Weinhauer, 2004; Weinhauer, Requate & Haupt, 2006) und im zurückliegenden besonderen Erinnerungsjahr 2017 noch einmal angewachsen (siehe u. a. Kraushaar, 2017; Peters, 2017; Terhoeven, 2017). Unmittelbar nach dem gewaltsamen Ende des spektakulären Entführungsfalles und der zur Gewissheit gewordenen Ermordung von Hanns Martin Schleyer wurde öfentlich über die Ermittlungsmethoden und Fahndungspannen der zurückliegenden Wochen diskutiert. In diesem Kontext wurde unter anderem publik, dass der von der Bundesregierung zur Auindung von Schleyer eingesetzte Sondereinsatzstab sich dazu entschlossen hatte, in der zweiten Fahndungswoche den bekannten holländischen Hellseher, ‚Sensitiven‘ und Heiler Gerard Croiset zu konsultieren, um möglicherweise mit dessen Hilfe an verwertbare Hinweise zum Versteck von Schleyer zu gelangen. Obwohl dieser Schritt seitens der Beteiligten geheim gehalten werden sollte, hatte die Presse sehr schnell und noch während der laufenden Fahndung davon erfahren. Verschiedene Informationen in Form von Halbwahrheiten gelangten darauhin keine zwei Wochen nach den Ereignissen durch die Boulevardpresse an die Öfentlichkeit. Am 3. November 78 U. Schellinger 1977 erschien in der Zeitschrit Bunte ein erster diesbezüglicher Bericht aus der Feder des seinerzeit bekannten Publizisten, Filmemachers und Journalisten Will Tremper mit dem Titel Ein Hellseher sah Schleyers Versteck. Illustriert war der Text in dem Magazin Bunte mit einer großformatigen Fotograie von Gerard Croiset. Der Tenor von Will Trempers „aufsehenerrende[r] Enthüllung“ war unmissverständlich: Es sei der konsultierte Hellseher Croiset gewesen, welcher der Polizei „in Trance“ in zwei konkreten Fällen „die richtige Spur“ gewiesen habe: zunächst hinsichtlich der Entdeckung eines Mercedes-PKW, in dem Schleyer zeitweise transportiert wurde, in einer Hochhaus-Tiefgarage in Köln-Meschenich und dann hinsichtlich der Entdeckung einer konspirativen Wohnung in einem Hochhauskomplex in Köln, wo die Beamten am 5. Oktober 1977 unter anderem ein blutbelecktes Hemd Schleyers aufgefunden hätten und wo möglicherweise Schleyers erstes Versteck gewesen sei (Tremper, 1977). Ein Mercedes 230 wurde tatsächlich am 30. September 1977 in der Tiefgarage im Hochhauskomplex Am Kölnberg 2 in Köln-Meschenich aufgefunden und nach einer Beobachtungsphase am 4. Oktober 1977 von der Polizei geöfnet. Man fand darin Spuren der Entführung und einen Manschettenknopf Schleyers. Auch eine von der RAF zur Vorbereitung der Entführung angemietete Wohnung im Kölner Uni-Center (Luxemburger Straße 124) wurde tatsächlich von der Polizei am 5. Oktober 1977 entdeckt. Ein Hemd Hanns Martin Schleyers fand man dort jedoch nicht, auch war er dort nie versteckt (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 1977: 198f und 201f). Vieles am Bericht des Sensationsjournalisten Will Tremper in der Illustrierten Bunte entsprach nicht den Fakten.2 Eine Kernaussage seines Artikels lässt sich jedoch durch vorliegende Quellen eindeutig belegen: Es kam in der zweiten Fahndungswoche tatsächlich zur Konsultation des Hellsehers Gerard Croiset durch Mitglieder des Sondereinsatzstabes des Bundeskriminalamts (BKA). War es Croiset aber auch möglich gewesen, den Ermittlern im Fall Schleyer mit paranormalen Fähigkeiten verwertbare oder gar entscheidende Hinweise zu liefern? Beim Versuch, diese Frage zu beantworten, stößt man auf Geheimhaltungsstrategien und gegenläuige Standpunkte der Beteiligten sowie auf eine schwierige Quellenlage in Form unvollständiger Protokolle und Transkripte, kaum nachvollziehbarer medialer Aussagen und irreführender Presseberichte. Hans Bender und Gerard Croiset Vermittelt wurde die Kontaktaufnahme der BKA-Ermittler zu Croiset durch den Freiburger Psychologieprofessor Hans Bender (1907–1991), Direktor des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) und damals der bekannteste Experte auf dem Gebiet der 2 Zur medialen Berichterstattung über den RAF-Terrorismus siehe Steinseifer (2006, 2011). Hellsehen für den Staat 79 parapsychologischen Forschung in Deutschland.3 Hans Bender kannte den Hellseher und Heiler Gerard Croiset (1909–1980) schon seit 1952 persönlich. Er hatte mit ihm verschiedene parapsychologische Experimente durchgeführt und hielt Croiset seitdem für eine der beeindruckendsten Personen mit paranormalen Fähigkeiten (vgl. Bender, 1957).4 Auch in den 1970er Jahren war ihr Kontakt nicht abgerissen. Immer wieder hatten der Freiburger Parapsychologe und der holländische Sensitive miteinander zu tun. 1972 wandte sich Bender beispielsweise im Fall der im Schwarzwald vermissten Frau Abb. 1: Gerard Croiset erläutert Hans Bender einen Fall, den er für eines früheren Kollegen persön- die holländische Polizei gelöst hat (um 1970; Archiv des IGPP) lich an Croiset.5 Dieser befand sich in den 1970er Jahren auf dem Höhepunkt seines internationalen Bekanntheitsgrades.6 Bender nahm wie schon in den Jahren zuvor aufmerksam Anteil an verschiedenen Fällen, an denen der inzwischen weltweit berühmt gewordene Croiset Mitte der 1970er Jahren in 3 Trotz der zentralen Rolle des aus Freiburg i. Br. stammenden Hans Bender für die Wissenschatsgeschichte der Parapsychologie liege keine gesamtbiographische Darstellung vor. Vgl. bislang lediglich die populärwissenschatliche Monographie von Gruber (1993). Als Überblicke: Bauer (2015), Miller (2010) und Resch (1991). Zu verschiedenen Aspekten der wissenschatlichen Biographie Benders siehe Bauer (1998), Hausmann (2005/2006/2007, 2006), Kaltenbrunn (2015), Lux (2013, 2015) und Moragiannis (2003). 4 Trotz der Bedeutung, die Croiset (geboren als Gerard Boekbinder in der Nähe des niederländischen Städtchens Laren) in der Wissenschatsgeschichte der Parapsychologie hat, fehlt eine fundierte Darstellung zu seiner Gesamtbiographie. Siehe bislang lediglich die populärwissenschatliche Darstellung von Pollack (1964). Zu verschiedenen Aspekten der Biographie Croisets siehe Hoebens (1981), Snel (1990) sowie Vermeulen (2018). 5 Archiv des IGPP, E/23-Croiset-Fall Elisabeth Heimpel (1972). 6 Siehe die Autobiographie: Croiset (1977). 80 U. Schellinger Deutschland arbeitete oder er vermittelte Kontakte zwischen dem Hellseher und Betrofenen oder den Ermittlungsbehörden.7 Polizeiliche Ermittlungsarbeit und Verbrechensauklärung mit Hilfe paranormaler Methoden Die Verwendung von paranormalen Methoden für die polizeiliche Ermittlungsarbeit und Verbrechensauklärung hatte zum Zeitpunkt des Schleyer-Falles in Deutschland eine fast sechs Jahrzehnte lange Vorgeschichte (siehe Schellinger, 2015, 2016; Schetsche & Schellinger, 2007). Schon mindestens ebenso lange stellt die Beschätigung mit der Frage, ob und wenn ja, unter welchen Bedingungen paranormale Fähigkeiten wie Hellsehen oder Telepathie im Kontext der polizeilichen Ermittlungsarbeit zum Einsatz kommen können und sollten, ein eigenes Forschungsfeld für unterschiedliche Disziplinen dar. Diese besondere Form einer ‚praktischen Parapsychologie‘, die nicht selten mit spektakulären Kriminalfällen in Verbindung gebracht wird, liefert vielfach auch Stof für massenmediale Präsentationen. Nach ersten publik gewordenen Experimenten innerhalb des Polizeiapparats bald nach Ende des Ersten Weltkriegs wurde die Praxis – nun mit dem Begrif „Kriminaltelepathie“ versehen8 – in den Jahren der Weimarer Republik zu einer überraschend weit verbreiteten Methode, die in zahlreichen Kriminalfällen sowohl inoiziell als auch oiziell angewandt wurde (siehe Schellinger, 2009, 2016: 309-321; Schellinger & Koreck, 2017; Treitel, 2004: 132–161; Wolfram, 2009; Wolf-Braun, 2009). Die Hinzuziehung von Hellsehern und personalen Medien für die polizeiliche Ermittlungsarbeit erfuhr in den 1920er Jahren eine ungeahnte Verbreitung, begleitet von zahlreichen kritischen und warnenden Stimmen. Kaum ein spektakulärer Kriminalfall verlief jetzt ohne einen Rekurs auf den möglichen Nutzen hellseherischer Medien für die Ermittlungen. Die Initiative zu einem Einsatz sogenannter „Kriminaltelepathen“ konnte von den Betrofenen eines Verbrechens, etwa von Angehörigen der Opfer, aber auch von einzelnen Kriminalbeamten oder von einer Polizeibehörde ausgehen. Vermehrt tauchten in Deutschland Frauen und Männer 7 So etwa im Mordfall Inka Schneider in Hutschenhausen (1974), im Doppelmordfall Schneider in Freiburg i. Br. (1976) sowie im spektakulären Fall „Mord ohne Leiche“ in Heilbronn (1976–1978). Siehe Archiv des IGPP, E/23-1225; Archiv des IGPP, E/23-Croiset-Fälle/Kontakte 1975; Archiv des IGPP, E/23-Croiset-Fälle/Kontakte 1976–1981. 8 Der vor allem in den 1920er Jahren gebräuchliche Begrif „Kriminaltelepathie“ lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein 1921 in Wien tätiges „Institut für Kriminaltelepathische Forschung“ zurückführen. Siehe Schellinger (2009: 316–318) und Schellinger (2016: 218f) sowie die grundlegenden Schriten des Wiener Kriminalbeamten Ubald Tartaruga: Tartaruga (1922a) und Tartaruga (1922b). Hellsehen für den Staat 81 mit vermeintlich paranormalen Fähigkeiten auf, die Privatleuten und den Ermittlungsbehörden ihre Dienste als Hellseher oder Telepathen anboten oder sogar eigene Detektiv-Büros unterhielten. Hypnotiseure wie der Bernburger Volksschullehrer August Drost, Hellseher wie Curt Münch aus Sachsen oder ‚Savary‘ aus Hannover, Trance-Medien wie Elsbeth GüntherGefers, das Geschwisterpaar Marie Hessel und Luise Diedrich aus Leipzig oder auch der berühmte Hermann Steinschneider alias ‚Hanussen‘ waren mit der Auklärung Hunderter von Verbrechensfällen befasst und verfügten dadurch über einen erheblichen öfentlichen Bekanntheitsgrad. Innerhalb der Polizeibehörden reagierte man überwiegend kritisch auf diese Entwicklung. Die Berliner Kriminalpolizei richtete deshalb schon 1921 eine eigene Abteilung ein, die damit beautragt war, entsprechende Hellseher-Fälle zu sammeln und zu analysieren. In Wissenschat, Polizei und Justiz diskutierte man nun auf breiter Front über den Wert der sogenannten „Kriminaltelepathie“. In der Tagespresse und in der parapsychologischen Literatur, aber auch in kriminologischen und polizeipraktischen Fachorganen kam es zu intensiven Debatten darüber, ob und in welcher Weise hellseherische oder telepathische Fähigkeiten in der polizeilichen Ermittlungsarbeit eine Rolle spielen dürten. Befürworter und Gegner lieferten sich diesbezüglich hetige Wortgefechte. Die intensive Auseinandersetzung mit der „Kriminaltelepathie“ zwischen etwa 1921 bis etwa 1929 lässt sich auf eine Art doppelten Verwissenschatlichungprozess in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg zurückführen. Dieser erfolgte zum einen innerhalb der Polizeiarbeit und der Kriminalistik und zum anderen im Kontext des sogenannten „Wissenschatlichen Okkultismus“ der Weimarer Republik. Von beiden Seiten erfolgte aus professionellem Antrieb heraus eine verstärkte Beschätigung mit der Praxis, dem möglichen Nutzen und den Folgen der „Kriminaltelepathie“. Als weiterer Hintergrund für die Hochkonjunktur der „Kriminaltelepathie“ in diesen Jahren kann der erhebliche Anstieg der Kriminalitätsrate nach dem Ersten Weltkrieg, verstärkt im Zuge der Währungsinlation (bis einschließlich 1923), angeführt werden. Die merkliche Zunahme von Delikten traf in Deutschland auf einen allzu dürtig ausgestatteten Polizeiapparat. Hinzu kam eine bemerkenswert große, mentalitätsgeschichtlich zu begründende Zuwendung der Bevölkerung zu okkulten Fragen in dieser Zeit. Der Ruf nach zusätzlichen, gewissermaßen privaten Ermittlungsmethoden beförderte die Idee, unter Umständen auch Hellseher und Medien zur Auklärung hinzuziehen, gerade bei von der Polizei ungelösten Fällen. Es lässt sich zudem belegen, dass in den 1920er Jahren in vielen Fällen Polizei- bzw. Justizbeamte selbst die Mitwirkung von Kriminalmedien anregten, begleitend beobachteten oder entsprechenden Hinweisen bereitwillig nachgingen. Hierfür scheinen zum einen private, individuelle Interessen, aber auch professionelle Dienstanweisungen eine Rolle gespielt zu haben. Auf der anderen Seite versetzte die zunehmende „Kriminaltelepathie“ die polizeilichen Leitungs- 82 U. Schellinger ebenen in einige Aufregung. Demzufolge sah sich das Preußische Ministerium des Innern im April 1929 dazu gezwungen, seinen Beamten per Erlass nunmehr endgültig zu untersagen, „Hellseher, Telepathen u. dgl. zur Auklärung strabarer Handlungen heranzuziehen, oder sich an Maßnahmen zu beteiligen, welche eine Auklärung vermittels parapsychischer Fähigkeiten bezwecken“ (Seeling, 1929: 401–402) Wie aus dem ministeriellen Erlasstext hervorgeht, hatte die Beschätigung mit der „Kriminaltelepathie“ in den Jahren zuvor ofenbar eine solch große Verbreitung innerhalb des Polizeiapparats entwickelt, dass man eine solche Anweisung für dringend erforderlich hielt. In den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur scheint die Praxis der „Kriminaltelepathie“ in Deutschland dann kaum noch eine nennenswerte Rolle gespielt zu haben, um dann in den in den unmittelbaren Nachkriegsjahren wieder aufzuleben, erwartungsgemäß erneut äußerst kritisch beobachtet von den Polizeibehörden und Kriminalisten. In Nordrhein-Westfalen fasste das Innenministerium schon bald den Entschluss, auf den preußischen Erlass aus dem Jahr 1929 zurückzugreifen und erneut ein Verbot zu erlassen, zur Auklärung strabarer Handlungen übersinnliche Mittel heranzuziehen. In einem ministeriellen Erlass vom 14. Juni 1954 gab man den eigenen Beamten noch einmal unmissverständlich zu verstehen: Polizeiliche Maßnahmen, die für die Betrofenen schwere Folgen haben können, dürfen nur mit Mitteln durchgeführt werden, die objektiv nachprübar sind. Es ist daher unzulässig, zur Durchführung solcher Maßnahmen, insbesondere zur Auklärung strabarer Handlungen übersinnliche Mittel selbst anzuwenden oder sich solcher Personen (Hellseher, Wahrsager usw.) zu bedienen, die angeblich im Besitz übersinnlicher Fähigkeiten sind (Wehner, 1978: 113). Mit seiner Anordnung blieb Nordrhein-Westfalen jedoch eigenständig, es sind keine ähnlichen Erlasse aus anderen Bundesländern bekannt. Das nordrhein-westfälische Innenministerium erwartete von seinen Polizeibeamten ausdrücklich Zurückhaltung in der Hinzuziehung paranormaler Methoden, wollte jedoch keinesfalls die generelle wissenschatliche Forschung zum hema ad acta gelegt wissen. Entsprechende Experimente unter „Beiziehung wissenschatlicher Sachverständiger“ wollte man mit dem Erlass nicht unterbinden (Wehner, 1978: 113). Die Position eines Ansprechpartners und Gutachters kam seit den 1950er Jahren fast exklusiv dem Freiburger Parapsychologen Hans Bender zu. Dieser plegte eine gute und unkomplizierte Zusammenarbeit mit verschiedenen Staatsanwaltschaten und Polizeibehörden, die ihn wiederholt zu Rate zogen. Gemeinsam versuchte man, auf dem Hintergrund aktueller Fälle grundlegende Fragen zu klären und Irrwege im kriminalistischen Vorgehen auszuschließen (Bender, 1954, 1955, 1956). Mit den Aktivitäten des Universitätsprofessors Bender kam es zu Hellsehen für den Staat 83 einem zusätzlichen Professionalisierungsschub bei entsprechenden Fällen. Dabei nahm Bender in den Diskussionen eine äußerst vorsichtige Haltung ein und wies darauf hin, „dass die Angaben von Kriminalmedien bestenfalls eine Fährte weisen können, aber ohne Kontrolle durch das normale Erkenntnisvermögen, also ohne Bestätigung keinen Wert besitzen.“ Ausdrücklich warnte der damals bekannteste deutsche Parapsychologe davor, dass Privatpersonen oder sonstige Autraggeber in Eigeninitiative Kriminalmedien einschalteten. Eine ot zu beobachtende unkritische Verwendung „okkulter Detektive“ sei wahrscheinlich nicht nur nutzlos, sondern auch „gemeingefährlich“ (Bender, 1954: 7). Gleichwohl war er der Ansicht, dass die kontrollierte Zusammenarbeit der Polizei mit bestimmten medial begabten Personen durchaus positive Efekte haben könne. Als positives Beispiel hob Hans Bender hier stets den holländischen ‚Paragnosten‘ Gerard Croiset hervor, der sich vor allem auf die Suche nach vermissten Personen spezialisiert hatte. Dem weltweit bekannt gewordenen holländischen Hellseher wollte Bender bemerkenswerte Erfolge einräumen. Fahndungswoche 2: Kontaktaufnahme der Sonderermittler zu Croiset Am 12. September 1977 informierte Bender seinen langjährigen Bekannten Croiset darüber, dass er am folgenden Tag mit Besuch aus Deutschland in der Sache Schleyer rechnen müsse: „Dr. Klein … will morgen nachmittag zu Ihnen nach Utrecht kommen, Unterlagen mitbringen, Karten von Köln und Mannheim…“9 Der von Bender Croiset gegenüber erwähnte Leitende Regierungsdirektor Dr. Johannes Kurt Klein (1925–nach 2002) kann als Initiator der Aktion gelten. Auch er war zum damaligen Zeitpunkt schon seit einiger Zeit mit Bender bekannt, was seinen Hintergrund in einem konkreten Interesse an Fragestellungen der parapsychologischen Forschung hatte. Der aus Sachsen stammende Klein hatte sich während seines Studiums (Literatur, Geschichte und Geographie) in Leipzig auch „im intensiven Selbststudium“ mit der Parapsychologie beschätigt und dort 1949 mit einer literaturwissenschatlichen Arbeit Form und Funktion paraphysischer Phantome in der Dichtung der Romantik promoviert. Damit hatte Klein eine der ersten deutschsprachigen universitären Abschlussarbeiten überhaupt zu einem parapsychologischen hema vorgelegt (Klein, 1949).10 1950 war Klein aus der DDR gelüchtet. Berulich als Vortragsreisender tätig, beschätige er sich in den folgenden Jahren inhaltlich vor 9 Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 12./13.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. Die einen Monat später erstellten Transkripte der Tonbandaufnahmen von den Telefongesprächen sind bruchstückhat und nicht vollständig, was ihren Quellenwert einschränkt. 10 Siehe dort vor allem den beigefügten „Lebenslauf “. Klein knüpte mit seiner Arbeit an verschiedene literaturwissenschaliche Dissertationen über ‚okkulte‘ Phänomene an, die bereits im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts erschienen waren. Vgl. Hövelmann (2010). 84 U. Schellinger allem mit der Bedeutung West- und Ostdeutschlands für die sowjetische Politik, während die hemen seiner Dissertation zunächst in den Hintergrund traten.11 Klein konnte eine Stelle als Dozent für Politikwissenschat und Politische Bildung an der Pädagogischen Hochschule im rheinland-pfälzischen Neuwied übernehmen. Seit 1970 war er dann in leitender Position an der Schule der Bundeswehr für Psychologische Verteidigung/Psychologische Kampführung (PSV/ PSK) in Euskirchen beschätigt, wo der Ostblock-Experte die Wissenschatliche Arbeitsgruppe leitete (siehe Drews, 2006: passim). Der Kommunismus-Bekämpfer Klein war Mitgründer der „Akademie der Bundeswehr für Psychologische Verteidigung“, Mitherausgeber der vom Bundesverteidigungsministerium unterstützten Zeitschrit Beiträge zur Konliktforschung und seit 1970 auch maßgeblich in der einschlägigen PSV/PSK-Unterorganisation „Studiengesellschat für Zeitprobleme“ aktiv (siehe Drews, 2006: 285–331). In seiner Arbeit propagierte Klein ein bipolares Ost-West-Schema, die Welt teilte sich für ihn in den guten Westen und den bösen Osten auf. Mit Beginn der 1970er Jahre beschätigte sich Johannes Kurt Klein aufgrund eines viel diskutierten Buches zweier amerikanischer Journalistinnen über den Einsatz von paranormalen Fähigkeiten im Ostblock dann wieder verstärkt mit der Parapsychologie (Ostrander & Schroeder, 1970).12 In diesem Zusammenhang hatte sich seit 1973 ein stetiger Kontakt zu Hans Bender entwickelt, so dass die Kooperation der beiden bei den Ermittlungen im Fall Schleyer keine Überraschung darstellt.13 Klein dürte auch nicht verborgen geblieben sein, dass sich eine ganze Reihe von Personen an die Polizeibehörden mit der Behauptung gewandt hatten, sie könnten mit paranormalen Fähigkeiten das Versteck Schleyers ausindig machen.14 Hans Bender gab Johannes Kurt Klein per Telefon am 12. September 1977 verschiedene Ratschläge mit auf den Weg zu Croiset nach Utrecht. Er solle Fotos und verschiedenes Kartenmaterial mitnehmen und vor allem sensibel mit dem Hellseher umgehen: „Noch ein Hinweis auf den Umgang mit Croiset: er ist Halbjude, war Widerstandskämpfer, hat Schreckliches mitgemacht während der Nazi-Besetzung. Vielleicht darauf anspielen, dass diese Terrorakte die liberale Demokratie im Mark trefen.“15 11 Zur Biographie bis 1955 siehe die eigene Darstellung Klein (1955). An Monographien erschienen Klein (1969) und Klein (1970). 12 Eine deutsche Übersetzung des Buches erschien schon 1971 (Ostrander & Schroeder, 1971). 13 Siehe IGPP-Archiv des IGPP, E/21: Schule der Bundeswehr für psychologische Verteidigung (1973–84). 14 Schritliche Auskunt des Bundeskriminalamts Wiesbaden (Kriminalhauptkommissar Steinhof) an U. Schellinger vom 6.11.2007 (Handakten U. Schellinger, Archiv des IGPP). 15 Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 12./13.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. In der Zeitschrit Bunte vom 3.11.1977 wird behauptet, man habe Einblick in den so genannten „Ablaukalender“ des Sondereinsatzstabes gehabt. Dort sei notiert gewesen: „10.00h: Hellsehen für den Staat 85 Den Weg nach Utrecht trat Johannes Kurt Klein mit einem namentlich nicht bekannten Kollegen16 sowie dem jungen Polizeipsychologen Wolfgang Salewski an, der ebenfalls dem Sondereinsatzstab des BKA angehörte. In Will Trempers Artikel in der Illustrierten Bunte wird kolportiert, es sei Salewski gewesen, der die „sensationelle Idee mit dem Hellseher Croiset“ gehabt hätte (Tremper, 1977). Der Diplom-Psychologe Salewski (Jg. 1943) war 1972 in Folge der katastrophal geendeten Geiselnahme bei den Olympischen Spielen in München als selbstständiger Psychologe von der Münchner Polizei eingestellt worden, Abb. 2: Wolfgang Salewski in der Zeitschrit Bunte um erstmals systematisch Konzepte in der vom 3.11.1977 Verhandlungsführung bei Geiselnahmen, mit Entführern oder Lutpiraten zu entwickeln (vgl. Salewski, ca. 1975, ca. 1976). Seit 1973 war Salewski zudem in maßgeblicher Funktion für den Aubau und die Ausbildung der neuen Spezialeinheit GSG 9 zuständig.17 Im Rückblick urteilte Salewski, er sei damals innerhalb des Polizeiapparates die „Allzweckwafe für Außergewöhnliches“ gewesen (Sepasgosarian, 2007). Wie Klein kannte auch der Polizeipsychologe Salewski den Freiburger Parapsychologen Hans Bender näher. Salewski war in Freiburg i. Br. aufgewachsen und dort mit einem Sohn Benders in die Schule gegangen. Anfang der 1960er Jahre hatte er während seines Studiums bei Bender Vorlesungen besucht.18 Eine Kontaktaufnahme mit Bender in der schwierigen Lage des September 1977 dürte ihm demnach nicht fern gelegen haben.19 Drei Jahre nach den Salewski und Dr. Klein fahren nach Utrecht zur Besprechung mit einem Medium“ (Tremper, 1977). 16 Dieser zweite Begleiter neben Salewski war laut Klein nicht über die Mitwirkung von Hans Bender informiert. Sein Name taucht nirgendwo in den vorliegenden Quellen auf. Siehe Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 12./13.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 17 Zur Biographie von Salewski siehe Bayerischer Rundfunk (2001). 18 Siehe Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 14./15.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 19 Während Bender mit Klein schon am 12.9.1977 telefonierte, ist eine erste Unterhaltung zwischen Bender und Salewski erst für den 15.9.1977 belegt, also nach der ersten Unterredung mit Croiset. Siehe Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 14./15.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: Archiv des 86 U. Schellinger Ereignissen soll sich Wolfgang Salewski, mittlerweile auch durch einschlägige Publikationen zu einem der einlussreichsten Polizeipsychologen in Deutschland avanciert (vgl. Salewski & Lanz, 1978; Salewski & Schaefer, 1979),20 davon überzeugt gezeigt haben, dass die Gespräche mit Croiset durchaus bemerkenswerte Hinweise ergeben hätten. Im Rahmen eines Besuches bei Hans Bender in dessen Freiburger Institut hätte Salewski – so notierte es Bender in einem „Gedächtnisprotokoll“ – zu den damaligen Ermittlungen erklärt: Seine [d. h.: Croisets, U. S.] Angaben seien nicht intensiv genug verfolgt worden, sonst hätten sie wahrscheinlich zu einer Befreiung von Schleyer geführt. Haargenau richtig sei eine Angabe über ein Haus gewesen, in dem sich ein PKW gefunden hat. Dort waren die Manschetten-Knöpfe von Schleyer. Weitere Angaben von Croiset wiesen auf Liblar, zwischen Köln und Bonn gelegen. Dort hatte sich der Verdacht so verdichtet, dass Salewski dafür eintrat, das betrefende Gebäude zu stürmen. Ein höherer Dienstgrad des BKA hat das verhindert. Dort befand sich tatsächlich Schleyer, damals noch lebend, in einem eingebauten Schrank im Flur. Er hätte gerettet werden können. Das weiß kaum jemand und soll auch vertraulich behandelt werden. Weitere Kreise im BKA sahen die Kontakte von Salewski mit Hellsehern nicht gerne, andere waren von der Möglichkeit, auf diese Weise Hinweise zu bekommen, überzeugt […] Die Inanspruchanahme von Croiset sei oiziell erfolgt, mit der Billigung von Heroldt (sic!).21 Die hier von Hans Bender im Rückblick festgehaltene Schilderung von einem Erfolg der Befragung Croisets beziehungsweise seine Kritik der Ignoranz des Polizeiapparates gegenüber diesen Hinweisen wirt die Frage auf, wie sich die Kooperation zwischen Bender, dem Hellseher Croiser und den Mitarbeitern des BKA-Sondereinsatzstabes im Herbst 1977 tatsächlich entwickelte und gestaltete. Croisets Eindrücke Wie Unterlagen in einem im niederländischen Utrecht überlieferten Teilnachlass des Hellsehers Gerard Croiset belegen, kann als gesichert gelten, dass dieser schon einige Tage vor dem Besuch von Klein und Salewski relativ gut über den Entführungsfall Schleyer informiert war. Gleich am Tag IGPP, E/23-1216. 20 Salewski hatte im Oktober 1977 auch Minister Hans-Jürgen Wischniewski in die somalische Hauptstadt Mogadischu/Somalia begleitet, um mit den Entführern der entführten Luthansa-Maschine ‚Landshut‘ zu verhandeln (siehe Aust, 1989: 543 u. 568). 21 „Gedächtnisprotokoll, über eine Unterhaltung mit Herrn Salewski, München“ (undatiert, vermutlich Anfang 1980), enthalten in Archiv des IGPP, E/23-1101. Wann genau der Besuch stattgefunden hat, lässt sich nicht mehr ermitteln. In dem Protokoll wird Salewski als „der 37jährige“ bezeichnet, so dass eine Datierung auf das Jahr 1980 wahrscheinlich erscheint. Dokumentiert ist durch ein „Gedächtnisprotokoll“ ein weiterer Besuch Salewskis bei Bender am 7. Mai 1981. Hellsehen für den Staat 87 nach der Entführung wurde Croiset von einem (nicht mehr veriizierbaren) „Bekannten aus Deutschland“ kontaktiert, der ihm von einer Entführung berichtete. Croiset bekam darauhin spontan einen „Eindrück von Köln [so im Original, U. S.]“.22 Am 8. September 1977 bekam der Hellseher von einem (ebenfalls nicht mehr veriizierbaren) Bekannten die Berichte aus der Münchner Abendzeitung vom Vortag über die spektakuläre Schleyer-Entführung zugesandt. Am 12. September 1977 ließ Croiset Abb.: 3: Croiset-Teilnachlass im AHJBF (Foto: Wim Kramer) seine darauhin zurückgemeldeten Aussagen und Eindrücke zu einer Brücke und dem Rheinufer in Köln von einem (ebenfalls nicht mehr veriizierbaren) Freund in Deutschland überprüfen. Croiset war der Meinung, dass sich dort ein Mitglied des Überfallkommandos aufgehalten habe. Gerard Croiset hatte sich somit zwischen dem 6. und dem 12. September 1977 durchaus intensiv mit dem spektakulären Entführungsfall beschätigt, der das Nachbarland Deutschland in diesen Tagen unter größter Anspannung hielt.23 Abb. 4: Unterlagen zum Schleyer-Fall im NL Croiset (AHJBF) 22 Notizen dazu in Archiv Het Johan Borgmanfonds Foundation [im Folgenden: AHJBF], NL Croiset. Nachlassmaterialien Croisets wurden nach seinem Tod 1980 lange Zeit zerstreut bei verschiedenen Organisationen und Privatpersonen aubewahrt, so etwa bei der Nederlandse Vereinigung voor Parapsychologie (siehe Snel, 1990). Mittlerweile beinden sich zahlreiche, längst aber nicht alle Croiset-Materialien unter der Obhut der Het Johan Borgmanfonds Foundation (siehe Kramer, 2010). Ich danke Wim Kramer (NL-Bunnik) sehr für seine Unterstützung und seine vielfältigen Hinweise. 23 Schreiben [Autor: unleserlich] vom 8.9.1977 an Croiset sowie das Transkript „Vermissungsfall S. Deutschland: Rapport der Bandaufnahme“, in: AHJBF, NL Croiset. 88 U. Schellinger Am Mittag des 13. September 1977 wurde Croiset von Johannes Kurt Klein und Wolfgang Salewski in Utrecht aufgesucht. Informiert über die Aktion war ofenbar auch Bundesinnenminister Werner Maihofer, dem es ein dringendes Anliegen war, dass „nichts darüber in die Öfentlichkeit dringt“.24 Im Nachlass Croisets existiert das 7-seitige Transkript einer Bandaufnahme des erfolgten Gesprächs in Utrecht. Diese (undatierte) Abschrit muss aufgrund der zahlreichen grammatikalischen Fehler von einer Person verfasst worden sein, die nicht deutschsprachig war. Man kann von Croisets langjährigem Sekretär Dick West als Autor ausgehen. Unklar ist, wer im Verlauf der rund einstündigen Unterhaltung die Fragen an Croiset stellte. Das Kürzel lautet „P.“ und könnte möglicherweise einfach für „Polizei“ stehen. Ofenbar wurde Croiset während des Gesprächs eine Karte von Köln vorgelegt. Der Hellseher bekam darauhin eine „Emotion“ für eine bestimmte Stelle an der nördlichsten Kölner Brücke und fertigte dazu eine Skizze an. Croiset vermutete dort das Versteck zumindest von einem der Terroristen. Croiset bezeichnete zudem mit einer Skizze ein bestimmtes Haus in einer Seitenstraße und dort ein Stockwerk. Weiterhin lieferte er eine Art Personenbeschreibung des vermeintlichen Täters.25 Croiset schilderte während des Trefens zudem anhand einer zweiten vorgelegten Karte eine Situation bei Bonn. In dieses Versteck seien die Täter nach der Entführung gefahren. Croiset bezeichnete hier Straßen, Wege und Häuser. Besonders lebhat äußerte er sich hier über die Bedeutung einer „Bushaltestelle“. Problematisch ist, dass sich der Wortlaut des Protokolls auf das vorgelegte Kartenmaterial bezieht, dieses im Original aber nicht mehr vorhanden ist. Es bleibt somit unklar, welche Positionen und Punkte in den Städten Croiset jeweils genau bezeichnet hat. Salewski erklärte jedenfalls, Croiset habe die Karten „so voll gezeichnet, dass wir sie gebraucht haben.“26 Croiset sprach, so überliefert es das Protokoll, von einem „gelben Mercedes“ und vom Umsteigen in einen VW-Bus: „War es eine gelber Mercedes der erste Wagen? (Wird bestätigt) Danach ist er in einem alten Wagen umgestiegen. Der sieht aus wie einen VW-Busch, so ähnlich ja [so im Original, U. S.].“27 Er gab eine weitere Personenbeschreibung eines der Täter und zeichnete die Skizze von dessen vermuteten Aufenthaltsort. Weiterhin erwähnte Croiset als 24 Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 14./15.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 25 Transkript „Vermissungsfall S. Deutschland: Rapport der Bandaufnahme“, in: AHJBF, NL Croiset. 26 Siehe Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 14./15.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 27 Transkript „Vermissungsfall S. Deutschland: Rapport der Bandaufnahme“, in: AHJBF, NL Croiset, Bl. 6. Hellsehen für den Staat Abb. 5: Seite 1 des Gesprächsprotokolls vom 13.9.1977 (AHJBF) 89 90 U. Schellinger wichtige Orte die Städte Mannheim und München. Grundsätzlich äußerste sich der Hellseher im Gespräch mit den Ermittlern überzeugt davon, dass das Entführungsopfer noch lebe. Insgesamt wirken die Aussagen von Croiset, zumindest wie sie durch das Protokoll dokumentiert sind, jedoch recht wage, sie erscheinen verwirrend und unklar. Dennoch zeigten sich Johannes Kurt Klein und Wolfgang Salewski beeindruckt von Croiset, allerdings in durchaus abgestuter Weise. Klein meldet sich unmittelbar nach der Rückkehr bei Hans Bender und erklärte überschwänglich, Croiset sei „sofort ins Volle“ gegangen und habe „sofort sehr konkrete Hinweise“ gegeben. Es hätten sich, so Klein, „für den ganzen Fall so zentrale Erkenntnisse (ergeben), auch so detailliert, dass – wenn Koinzidenz eintritt – wir sagen können: es hat geholfen.“ Für seinen Begleiter Salewski sei es – so berichtete Klein übertreibend – „das größte Erlebnis seines bisherigen wissenschatlichen Lebens“ gewesen.28 In Wirklichkeit zeigte sich der Psychologe Wolfgang Salewski eher skeptisch. In einer ersten Rückmeldung am 15. September 1977 berichtete er Bender über das Gespräch mit Croiset: „Ja, veriiziert wurde die Beschreibung des Ortes. Das stimmt sehr aufällig.“ Salewski meinte hier die Beschreibung rund um das von Croiset gegebene Stichwort „Brücke“, während man mit „Bushaltestelle“ wenig anzufangen wusste. Insofern fragte sich Salewski: „Ob das der Ermittlung weiterhilt?“29 Während Salewski sich somit vorsichtig äußerte, wurden Croisets Hinweise von Klein und Bender als durchaus weiterführend interpretiert. Am 15. September 1977 telefonierte Hans Bender deshalb mit Croiset und erklärte diesem zur Ermutigung: „Die äußeren Merkmale für ‚Brücke‘ wurden gefunden, nicht aber für ‚Bushaltestelle‘.“30 Welche Folgen diese Veriizierung hatte, bleibt unklar. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die Ermittler in den folgenden Tagen verschiedene Versuche unternommen haben, mit den von Croiset erhaltenen Angaben zu arbeiten und Örtlichkeiten in Köln und im Bonner Umfeld überprüten. In der Nacht vom 14. auf den 15. September 1977 wurde, wie erstmals Stefan Aust 1985 berichtete, ofensichtlich ein bestimmter Stadtbezirk von Köln mit Peilantennen observiert. Es wurde überprüt, in welchen Wohnungen nach Sendeschluss noch Fernsehgeräte liefen. Die Schleyer-Entführer hatten nämlich am vorangegangenen Tag über einen Rechtsanwalt den Vorschlag gemacht, man solle den eingeforderten Ablug der freizulassenden RAF-Gefangenen zwei Stunden nach Sendeschluss auf den deutschen Fernsehsendern übertragen. Den Bezirk, in dem man nun auf die Suche ging, soll Gerard Croiset seinen Besuchern während der Konsultation in Utrecht genannt haben (vgl. Aust, 1989: 491). Aus den vorliegenden Protokollen lassen sich diese 28 Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 12./13.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 29 Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 14./15.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: ebd. 30 Ebd. Hellsehen für den Staat 91 Zusammenhänge jedoch nicht eindeutig erschließen.31 Croiset hatte die Beamten jedenfalls am 13. September aufgefordert: „Sie gehen zurück nach Hause und prüfen soviel wie möglich diesen Angaben nach [so im Original, U. S.].“32 Am 18. September 1977 besuchte Wolfgang Salewski Croiset ein zweites Mal in Holland, dieses Mal ohne Begleitung. Erneut wurde ein Tonbandprotokoll im Umfang von vier Seiten erstellt. Salewski stellte dem Hellseher weitere Fragen und gab ihm zu verstehen, dass dessen erste Angaben zu den Kölner Örtlichkeiten „100 prozentig geklappt“ hätten. Die Angaben zur Bonner Umgegend („Haltstelle mit Holzbänken“) hätte man hingegen nicht veriizieren können. Salewski verwies Croiset nun auf einen anderen möglichen Ort mit einer „Haltestelle“ („Neubaugebiet, riesengroße Häuser“) und legte ihm verschiedene Bilder von Männern und Frauen, vermutlich Tatverdächtige, vor. Croiset seinerseits gab Hinweise auf Örtlichkeiten in Karlsruhe und Hannover und beteuerte erneut, dass der gesuchte Schleyer noch am Leben sei.33 Das überlieferte Gesprächsprotokoll beinhaltet erneut keinerlei eindeutige Angaben. In den dokumentierten Aussagen Croisets lassen sich keine zielführenden Hinweise erkennen. Die Suche nach einem Versteck in Deutschland, wie es von Salewski und Croiset zu diesem Zeitpunkt noch angenommen wurde, wäre ohnehin aussichtslos geblieben: Mittlerweile hatten die Entführer Schleyer aufgrund des sehr hohen Fahndungsdrucks vom Versteck im Hochhaus Rennweg 8 in Ertstadt-Liblar am 16. September 1977 in eine neue Unterkunt nach Den Haag gebracht. Die Interpretation der Aussagen von Croiset durch Johannes Kurt Klein und Wolfgang Salewski blieb auch in den kommenden Wochen widersprüchlich. Während Salewski sehr vorsichtig agierte, zeigte sich vor allem Klein durchgängig zufrieden mit der Idee, den berühmten Hellseher konsultiert zu haben und versuchte Hans Bender, davon zu überzeugen. Am 11. Oktober 1977 erklärte ihm Klein: „Es sind einige Hinweise, die völlig richtig liegen.“ Es habe sich, so Klein, also gelohnt, dass man auf der Entscheidungsebene „sehr wohl willens“ gewesen sei, bei den Ermittlungen „unorthodoxe Wege zu gehen.“34 Fast zwangsläuig musste Bender deshalb zur Überzeugung gelangen, dass Croiset etwas Positives zur Klärung des Falles beizutragen habe. 31 Aust kann sich bei der Schilderung dieser Episode eines spöttischen Untertons nicht enthalten: „Seine Unfähigkeit, genauere Angaben zu liefern, hatte der Hellseher so erklärt: ‚Mein Kontakt ist gestört‘ (Aust, 1989: 491). Durch die Berichterstattung in der Presse sei er so ausführlich informiert, daß sich das negativ auf seine Arbeit ausgewirkt habe.“ Laut der Zeitschrit Bunte handelte es sich um den Stadtteil Köln-Meschenich. Siehe Tremper (1977). Austs viel beachtetes Buch Der Baader-MeinhofKomplex erschien 1985 zum ersten Mal. 32 Transkript “Vermissungsfall S. Deutschland: Rapport der Bandaufnahme“, in: AHJBF, NL Croiset, Bl. 6. 33 Transkript “Vermissungsfall S. Deutschland”, 18.9.1977, in: AHJBF, NL Croiset. 34 Abschrit der Tonbandaufnahme vom 11.10.1977, enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 92 U. Schellinger Er suchte den Hellseher darauhin am 12. Oktober 1977 selbst in Holland (Houten bei Utrecht) auf. Croiset machte erneut Angaben zum Fall und erstellte Zeichnungen über vermutete Orte. Der Hellseher vermutete das Versteck Schleyers mittlerweile in Holland, sprach immer wieder von einer „Bushaltestelle“ und brachte „Wassenaar“ in der Nähe von Den Haag als möglichen Ort eines Verstecks ins Spiel.35 Tatsächlich war Schleyer aber schon am 20. September 1977, also schon fast drei Wochen zuvor, von seinen Entführern von Den Haag nach Brüssel verbracht worden. Abb. 6: Croiset-Skizze, 12.10.1977 (Archiv des IGPP) Hans Bender hingegen war nun überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Zurück in Freiburg ließ er die Tonbänder mit den einen Monat zurück liegenden Gesprächen zur SchleyerEntführung und von seinem eigenen Besuch bei Croiset von seiner Sekretärin Blidhildis Wigand zur Dokumentation des Falles abtippen.36 Die massenmediale Reaktion und Rezeption Am 19. Oktober 1977 wurde die Leiche des ermordeten Arbeitgeberpräsidenten in Mulhouse im Elsaß aufgefunden. Alle Beteiligten mussten nun erkennen, dass auch Gerard Croiset nicht das Geringste zur Auindung Hanns Martin Schleyers hatte beitragen können. Einige Tage später musste Hans Bender zudem feststellen, dass seine Geheimhaltungsstrategie in der Sache nicht gegrifen hatte. Charakteristisch für den hier beschriebenen Fall ist das erneut große Interesse seitens der Printmedien. Für die Presseredaktionen bedeutete die kolportierte Beteiligung eines Hellsehers an der Suche nach Schleyer eine Art Steilvorlage, die man unverzüglich aufnahm. Dass die Sonderermittler des BKA Kontakt zu dem Hellseher Croiset aufgenommen hatten, war schon unmittelbar nach dem ersten Besuch von Klein und Salewski und dem unbekannten dritten 35 Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 12.10.1977 [17.10.1977], enthalten in: ebd. 36 Es ist ofensichtlich, dass nicht wortgetreu transkribiert wurde. Ob noch Originaltonbänder vorhanden sind, kann zum momentanen Zeitpunkt nicht gesagt werden. Hellsehen für den Staat 93 Beamten in Utrecht durchgedrungen. Croisets Sekretär teilte Bender schon am 14. September 1977, einen Tag nach dem Besuch aus Deutschland, mit, dass sich Journalisten der Zeitschrit Bunte gemeldet hätten und um eine Fotograie des Hellsehers gebeten hatten.37 Auch bei Bender in Freiburg wurden schon früh Vertreter der Boulevardpresse telefonisch vorstellig. Allerdings war Bender eindringlich darauf bedacht, bei der Aktion im Hintergrund zu bleiben. Sogar innerhalb seines Instituts hielt Bender seine Mitwirkung geheim: „Ich bin weniger um meine persönliche Sicherheit besorgt als um die des Instituts“, ließ er Johannes Kurt Klein am 13. September 1977 wissen.38 Einen Monat später war das Interesse der Presse an dem Gerücht über die Beteiligung eines berühmten Hellsehers an der noch immer erfolglosen Suche nach Schleyer keineswegs abgeklungen. In diesem Kontext erkundigten sich Reporter von Bunte und Stern erneut bei Bender nach der ominösen Rolle des Hellsehers Croiset. Dieser stritt eine Beteiligung Croisets weiterhin kategorisch ab und erklärte noch am 18. Oktober 1977 (dem Tag der ‚Landshut‘Erstürmung durch die GSG 9), er würde dessen Einsatz in dem Fall aus Sicherheitsgründen ohnehin vollkommen ablehnen: „In dem Fall S. ist Croiset jedenfalls nicht ansprechbar.“ Vor allem wolle er selbst „nicht in dieser Sache genannt werden.“39 Einen Tag nach diesen Gesprächen wurde der ermordete Hanns Martin Schleyer in Mulhouse aufgefunden. Am 3. November 1977 erschien dann der erste Artikel des Star-Reporters Will Tremper40 in der Zeitschrit Bunte. Die Episode über die Einschaltung des Hellsehers Croiset macht allerdings – entgegen der reißerischen Überschrit („Ein Hellseher sah Schleyers Versteck“) – nur knapp die Hälte des gesamten Berichts aus (Tremper, 1977). Die darin kolportierten Angaben über die vermeintlichen Hinweise des Hellsehers Croiset müssen angesichts der vorliegenden Gesprächsprotokolle vom 13. und 18. September 1977 als völlig aus der Lut gegrifen bezeichnet werden. Zwei Wochen später, am 17. November 1977, erschien ein zweiter, längerer Artikel, diesmal im Stern. Der Beitrag der beiden Journalisten Peter Koch und Gerd Heidemann mit dem Titel „Ein Hellseher fahndet mit“ war Teil 4 einer längeren Stern-Serie mit dem Titel Das 37 Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 14./15.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 38 Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 12./13.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: ebd. Siehe auch Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 12./13.9.1977 [14.10.1977], enthalten in: ebd. 39 Abschrit der Tonbandaufnahmen vom 18.10.1977 [21.10.1977], enthalten in: ebd. Bender unterhielt sich hier mit dem Stern-Reporter Sebastian Knauer. 40 Der Autor, Filmemacher und Journalist Will Tremper (1928–1998) war eine durchaus bekannte und geradezu umstrittene Größe in der deutschen Medienlandschat. Er hatte sich in den fünfziger und sechziger Jahren mit zahlreichen Büchern, Filmen und Reportagen einen Namen gemacht. Siehe die Autobiographie: Tremper (1993). 94 U. Schellinger Tagebuch der Schleyer-Entführung (Koch & Heidemann, 1977). Ähnlich wie in Trempers Text nimmt die Erwähnung der Einschaltung Croisets, anders als es die Überschrit erwarten lässt, auch hier nur einen kleinen Teil des gesamten Artikels ein. Von insgesamt 21 Textspalten auf vierzehn Zeitschritenseiten handeln nur rund eineinhalb Textspalten von Croisets Mitwirkung bei den Ermittlungen. Von dieser wird berichtet, um zu belegen, dass die Fahnder auch „ganz unorthodox“ zu Werke gegangen und auch Hinweisen gefolgt wären, „die sie sonst in den Papierkorb geworfen hätten.“ Erneut wird Wolfgang Salewski als Initiator der Croiset-Aktion bezeichnet, während – genau wie im Artikel von Tremper – der Name Benders nicht erwähnt wird (Koch & Heidemann, 1977: 93f). Kern des Berichts im Stern ist die Angabe, der Hellseher Croiset habe den Fahndern am 13. September 1977 ein Wohngebiet am Rande von Köln genannt, wo er das Versteck Schleyers vermutete. Dieses Wohngebiet – KölnMeschenich – wurde dann in der Nacht vom 14. und 15. September 1977 mit Richtantennen nach noch spät laufenden Fernsehapparaten abgesucht. Im Wohnblock „Am Kölnberg“ in Köln-Meschenich sei man darauhin auf einen verdächtigen Mercedes (mit dem Kennzeichen BM–A 812) gestoßen. Dieser wurde nach acht Tagen Überwachung geöfnet. In dem Autor fanden die Beamten unter anderem einen Manschettenknopf Schleyers. Abb. 7: Stern vom 17.11.1977 (Archiv des IGPP) Der Aubau des Artikels im Stern legt die Vermutung nahe, dass Croisets Hinweise zumindest in einem Punkt erfolgreich waren: Der Fund des Mercedes in der Hochhaus-Tiefgarage sei direkt auf Hinweise des Hellsehers zurückzuführen gewesen – eine Information, die auch Will Tremper im ersten Artikel in der Zeitschrit Bunte geliefert hatte. Der besagte Mercedes wurde jedoch tatsächlich erst viel später, am 30. September 1977, entdeckt und erst am 4. Oktober 1977 geöfnet (siehe Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, 1977: 201f). Es scheint deshalb fragwürdig, dass diese Entdeckung direkt auf die Aussagen Croisets und die darauhin angeordnete Überwachung von Köln-Meschenich einen halben Monat zuvor erfolgte. Hellsehen für den Staat 95 Am 21. November 1977 veröfentlichte schließlich auch noch Der Spiegel ein Interview mit Croiset, das auf einen Besuch des Journalisten Christian Happe bei dem Hellseher vier Tage zuvor zurückging. Dessen Mitwirkung bei den Ermittlungen wird hier schon als bekannt vorausgesetzt, während Croiset dies dem Magazin gegenüber auf keinen Fall bestätigen wollte.41 Somit hatten im November 1977 drei aulagenstarke deutsche Magazine innerhalb von drei Wochen die ursprüngliche Geheimhaltungsstrategie von Hans Bender in der Sache ad absurdum geführt. Der von dieser Erkenntnis sichtlich überraschte Freiburger Parapsychologe beschwerte sich darauhin zunächst beim Spiegel: „Solche Berichte in der illustrierten Presse“, so Bender, seien „unverantwortlich […], da sie den Paragnosten gefährden.“ Auch bei Johannes Kurt Klein beklagte er sich eindringlich über die Methoden der Presseberichterstattung, da nun „ein zuküntiges Einsetzen von Paragnosten in vergleichbaren Fälle immer schwieriger […] werde.“42 Vor allem war Bender jedoch über die ofensichtlich erfolgte Indiskretion empört. Diese müsse, so meldete er es in die Niederlande zu Croiset und West, „von einer Regierungsstelle gekommen sein. Die Moral von der Geschicht’: Einen Vorgang als ‚top secret‘ zu klassiizieren, scheint die günstigste Voraussetzung dafür zu sein, dass er allgemein bekannt wird.“43 Der äußerst verärgerte Bender verdächtigte ofenbar zunächst Wolfgang Salewski, Informationen an die Presse weitergegeben zu haben: „Es ist nicht ausgeschlossen, dass er selber beteiligt war“, teilte er Croiset mit. Bender plante deshalb, Salewski in München zu besuchen und zu den Indiskretionen zu befragen.44 Salewski beteuerte allerdings seine Unschuld und wies gleichzeitig darauf hin, er selbst „habe auch sehr viel persönlichen Schaden genommen an der Geschichte“. Sogar mit dem Bundeskanzler habe er die Angelegenheit und die daraus entstandenen Probleme besprochen. Folgt man Salewskis Darstellung, so wollte sich das Bundeskriminalamt auf dem Hintergrund der Presseberichte vom November 1977 ofensiv von der nun nicht mehr geheim zu haltenden Konsultation des Hellsehers Croisets distanzieren, in dem man die Meinung streute, Salewski sei hier eigenmächtig vorgegangen.45 41 Der Spiegel vom 21.11.1977, enthalten in: Archiv des IGPP, E/23-1216. Ein Telex, datiert auf den 18.9.1977, mit dem Konzept für das Spiegel-Interview existiert in: AHJBF, NL Croiset. 42 Protokoll vom 18.11.1977, in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 43 29.11.1977: Hans Bender an Dick West, in: AHJB, NL Croiset; 29.11.1977: Hans Bender an Dick West, in: Archiv des IGPP, E/23-Croiset-Fälle/Kontakte 1976-1981. 44 9.12.1977: Hans Bender an Gerard Croiset, in: Archiv des IGPP, E/23-Croiset-Fälle/Kontakte 1976– 1981. Es ist allerdings nicht sicher, ob der geplante Besuch in München stattgefunden hat. 45 Protokoll eines Telefonats zwischen Bender und Salewski am 11.1.1978 [12.1.1978], in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 96 U. Schellinger Auf welchem Weg die Printmedien an die Informationen über die Konsultation des Hellsehers Gerard Croisets durch die Sondermittler gekommen sind, bleibt weiterhin eine ungeklärte Frage. Trotz mehrfacher schritlicher Anfragen war es nicht möglich, Wolfgang Salewski zu einer späten Aussage zu den hier geschilderten Vorgängen zu bewegen. Auch das Bundeskriminalamt Wiesbaden erteilte auf Anfrage keine weiterführenden Auskünte.46 Hans Bender war nach dem Erscheinen der Presseartikel noch mehr als zuvor darauf bedacht, dass sein Name nicht mit den Vorgängen um die Schleyer-Entführung in Verbindung gebracht wurde. Er vermutete, dass ansonsten seine Gegner wie etwa der Bremer Kriminalkommissar Herbert Schäfer die Gunst der Stunde nutzen würden, um ihre generelle „Kampagne gegen das Institut“ [meint: Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., U. S.] zu intensivieren.47 Zusammenfassende Bemerkungen: Ein Hellseher als Helfer der Polizei? Gerard Croisets hellseherische Suche nach Hanns Martin Schleyer blieb letztlich erfolglos. Der Freiburger Parapsychologe Hans Bender war spätestens seit dem 17. November 1977 allerdings mehrere Wochen davon überzeugt, dass Croiset durchaus sachdienliche Hinweise zur Entführung Schleyers gemacht hätte und man dem Hellseher einen „außerordentlichen Erfolg“ zubilligen müsse. Bender ließ keine Gelegenheit aus, dies Croiset mitzuteilen und ihn zu loben.48 Benders positive Einstellung ging auf die Mitteilungen von Johannes Kurt Klein zurück. Dieser gab Bender angesichts der überraschenden Presseberichte noch einmal zu verstehen, dass „die Angaben von Croiset in Köln doch zu der Fahndung dienlichen richtigen Funden geführt hatten“49 und „die in der Bunten am 3.11.1977 indiskret gegebenen Informationen über das Fündigwerden der Angaben von Croiset auf Tatsache beruhen.“50 Der Psychologe Salewski äußerte sich hingegen vollkommen anderslautend zu den Ermittlungen und zur Beteiligung Croisets. Im Gegensatz zur Darstellung Kleins sprach Salewski nur 46 Schreiben des Bundeskriminalamts (Kriminalhauptkommissar Steinhof) an U. Schellinger vom 6.11.2007 (Handakte U. Schellinger, Archiv des IGPP). 47 Protokoll eines Telefonats zwischen Bender und Salewski am 11.1.1978 [12.1.1978], in: Archiv des IGPP, E/23-1216. 48 29.11.1977: Hans Bender an Dick West, in: Archiv des IGPP, E/23-Croiset-Fälle/Kontakte 1976-1981; 9.12.1977: Hans Bender an Gerard Croiset, in: ebd. 49 Gedächtnisprotokoll Hans Bender vom 18.11.1977, in Archiv des IGPP, E/23-1216. 50 Protokoll eines Telefonats zwischen Bender und Klein am 14.12.1977 [15.12.1977], in: ebd. Hellsehen für den Staat 97 von einem „25%-Trefer“ Croisets im September 1977. Es stimme insofern keinesfalls, dass „die Aussagen von Croiset fündig geworden sind [sic!]“ und „überhaupt nicht, was in der Bunten steht. […] Auch was der Stern geschrieben hat ist nicht wahr.“51 In ihrer Interpretation der Aussagen Croisets und der Einschätzung ihrer kriminalistischen Verwertbarkeit ofenbarten die beiden beteiligten Ermittler Klein und Salewski nicht nur unterschiedliche, sondern sogar gegensätzliche Positionen. Im Lichte des Statements von Salewski vom Januar 1978 wirkt die zwei Jahre später dokumentierte Feststellung Benders, laut Salewski hätte eine ernsthate Berücksichtigung der Aussagen Croisets unter Umständen zur Befreiung Schleyers führen können,52 widersprüchlich und in ihrem Entstehungsprozess zumindest fragwürdig. Welcher Art die im Nachhinein von Klein und Bender konstatierten, von Salewski relativierten Erfolge des Hellsehers Croiset waren, kann angesichts der komplizierten Quellenlage letztlich nicht näher bestimmt werden. Vor allem der Umsetzungsprozess der in den überlieferten Protokollen und Transkripten festgehaltenen, äußerst wagen Angaben Croisets in bestimmte konkrete Handlungsoptionen der Ermittler bleibt seltsam intransparent. Als gesichert kann allerdings gelten, dass man bestimmte Angaben Croisets überprüt hat und es somit einen Arbeitsschritt der Beurteilung und Verarbeitung seiner medialen Aussagen gegeben hat. Die nachfolgende Berichterstattung leitender Printmedien (Bunte, Stern, Der Spiegel) wirkt auf den ersten Blick auklärerisch, trägt aber eher zur Verwirrung bei. Nach dem Tod Schleyers und in einer Situation, in der die erfolglosen Ermittlungen auf den Prüfstand gestellt wurden, bedeutete die Episode um den Hellseher Croiset journalistisch einen willkommenen Auhänger, um das Chaos und die Planlosigkeit der Polizeiarbeit bei der Fahndung nach dem entführten Arbeitgeberpräsidenten zu brandmarken. Im Hintergrund der Geschehnisse stand als Vermittler mit dem Freiburger Parapsychologen Bender die zum Zeitpunkt der Schleyer-Entführung unbestrittene professionelle Instanz für Fragen zum Einsatz personaler Medien für die Polizeiarbeit. Sonst durchaus auf Öfentlichkeitswirksamkeit bedacht (vgl. Lux, 2013, 2015), hatte Bender in diesem Fall das eindeutige Anliegen, dass weder er selbst noch das von ihm geleitet Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene (IGPP) öfentlich in Erscheinung traten. Gleichwohl beschätigte ihn der spektakuläre Fall sehr. Bender ließ Gesprächsprotokolle anfertigen und sammelte noch längere Zeit Presseartikel sowie Publikationen dazu. 51 Protokoll eines Telefonats zwischen Bender und Salewski am 11.1.1978 [12.1.1978], in: ebd. 52 „Gedächtnisprotokoll, über eine Unterhaltung mit Herrn Salewski, München“ (undatiert, vermutlich Anfang 1980), enthalten in Archiv des IGPP, E/23-1101. 98 U. Schellinger Die Initiative zur Kontaktaufnahme mit Bender und Croiset erfolgte dann durch zwei Personen – Johannes Kurt Klein und Wolfgang Salewski –, die in ihrer Biographie einen direkten Bezug zur Person des Parapsychologen Hans Bender hatten und die beide selbst über ein individuelles Interesse an Fragestellungen der Parapsychologie beziehungsweise der Grenzgebiete der Psychologie verfügten.53 Klein und Salewski konnten schließlich in einer äußerst angespannten und schwierigen Situation ofenbar das Einverständnis von staatlichen Entscheidungsträgern wie Innenminister Maihofer und BKA-Chef Herold erreichen, in diesem für die Entwicklung Bundesrepublik so gewichtigen Verbrechensfall „unorthodoxe Wege zu gehen“54 – ohne dass diese Wege bei den Ermittlungen zielführend gewesen wären. Die „aufsehenerregende Enthüllung“ (Tremper, 1977), dass sich die Ermittler im hochgradig brisanten Fall der Schleyer-Entführung nachweislich Rat bei einem Hellseher eingeholt hatten, konnte nicht ohne Reaktion bleiben. Schon bald wurde Stimmen mit massiver Kritik an dieser „Okkultfahndung“ laut. Vor allem der Mannheimer Richter Wolf Wimmer ließ seiner Empörung freien Lauf: „Daß aber jetzt nach 100 Jahren naturwissenschatlicher Kriminalistik, Kriminalpsychologen […] im Ernst von solchen ‚Paragnosten‘ übersinnliche Hilfe für die Verbrechensauklärung erhofen, muß beim gegenwärtigen Bildungsstand allergrößte Verwunderung auslösen“ (Wimmer, 1978: 109).55 Im Rückblick deutet einiges darauf hin, dass es deshalb vor allem die Umstände des Falles Schleyer während der „bleiernen Jahre“ waren, die in der Folge zu feststellbaren Zurückhaltungsstrategien deutscher Polizeibehörden geführt haben, wenn es zu Nachfragen bezüglich des Einsatzes paranormaler Methoden oder zur Prüfung medialer Aussagen im Kontext der Polizeiarbeit kam (Dobranic, 2007; Schetsche & Schellinger, 2007; Schellinger, 2015: 224– 226). Das Bundeskriminalamt in Wiesbaden äußerte sich bis in die jüngste Zeit nur intransparent zu dem Fall. Croisets Suche nach Hanns Martin Schleyer 1977 ist dort ofenbar nicht belegt, wie 53 Am 7. Mai 1981 unterhielt sich Bender mit Salewski beispielsweise über die Astrologie, an der sich der Münchner Psychologe interessiert zeigte. Bender überlegte, inwieweit Salewski „für eine Institutionalisierung der Astrologie hilfreich sein könnte.“ Siehe „Gedächtnisprotokoll über eine Unterhaltung mit Herrn Wolfgang Salewski (Besuch im Institut am 7.5.1981)“, in: Archiv des IGPP, E/21-1101. 54 Siehe als Vergleichsfall die Initiative des Marineoiziers Hans Roeder während des 2. Weltkriegs, Methoden der Grenzgebiete für die militärische Sicherheit des Staates zu nutzen: Schellinger, Anton & Schetsche (2010). 55 Wolf Wimmer galt in den 1970er Jahren als einer der schärfsten Kritiker der Parapsychologie in Deutschland überhaupt. Als weitere Reaktion siehe Wehner (1978). Hellsehen für den Staat 99 auf Anfrage mitgeteilt wurde: „Eine Einbindung des ‚Hellsehers‘ Croiset lässt sich anhand des gesichteten Aktenmaterials nicht belegen. (...) Es handelt sich vorliegend um ein nicht abgeschlossenes Ermittlungsverfahren. Weitere Auskünte können derzeit nicht erteilt werden.“56 Quellen Archiv des Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e.V., Freiburg i. Br. [Archiv des IGPP]: E/21-1101 E/23-1216 E/23-1225 E/23-Croiset-Fall Elisabeth Heimpel (1972) E/23-Croiset-Fälle/Kontakte 1975 E/23-Croiset-Fälle/Kontakte 1976-1981 E/21: Schule der Bundeswehr für psychologische Verteidigung (1973-84) Handakte Uwe Schellinger zum Fall Schleyer/Croiset Archiv Het Johan Borgmanfonds Foundation [AHJBF] Nachlass Gerard Croiset [NL Croiset] Literatur Aust, S. (1989). Der Baader-Meinhof-Komplex. Vollständige Taschenbuchausgabe. München: Knaur. Bauer, E. (1998). Hans Bender und die Gründung des „Instituts für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene“. 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