Appell zur stärkeren Nutzung des Homeoffice

Schwerpunktthema: Bericht

15. Januar 2021

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am 15. Januar in Schloss Bellevue mit den Spitzen von Arbeitgebern und Gewerkschaften einen gemeinsamen Appell zur vermehrten Nutzung des Homeoffice in der Corona-Pandemie vorgestellt. Der Bundespräsident sagte: "Wir müssen auch die Kontakte – wo irgend möglich – am Arbeitsplatz reduzieren. Weniger ist mehr – gerade in diesen Tagen."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Vorstellung eines gemeinsamen Appells zur stärkeren Nutzung des Homeoffice in Zeiten der Corona-Pandemie mit dem DGB-Vorsitzenden Reiner Hoffman und dem BDA-Präsidenten Rainer Dulger in Schloss Bellevue

Bundespräsident Steinmeier hat am 15. Januar in Schloss Bellevue mit dem Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Rainer Dulger und dem Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Reiner Hoffmann einen gemeinsamen Appell zur stärkeren Nutzung des Homeoffice in Zeiten der Corona-Pandemie vorgestellt.

Statement des Bundespräsidenten

Leider erkranken bei uns im Land nach wie vor viel zu viele Menschen an Corona. Und die hohe Zahl der Menschen, die an dem Virus sterben, ist traurig und erschütternd. Die Mutation des Virus, wie sie in Großbritannien oder Südafrika aufgetreten ist und auch in Deutschland in Einzelfällen nachgewiesen wurde, verschärft noch die Infektionsgefahr. Das macht mir große Sorgen. Diese Entwicklung veranlasst mich heute zu dem Schritt, gemeinsam mit dem Präsidenten der BDA und dem Vorsitzenden des DGB, an alle Menschen in Deutschland zu appellieren: Wir müssen auch die Kontakte – wo irgend möglich – am Arbeitsplatz reduzieren. Weniger ist mehr – gerade in diesen Tagen.

Vor gut einem halben Jahr, im Juni 2020, habe ich gemeinsam mit Gewerkschaften und Arbeitgebern an dieser Stelle dazu aufgerufen, auch in der Pandemie Ausbildungsplätze zu schaffen und die Zukunft der jungen Generation zu sichern. Heute stehen wir wieder gemeinsam hier. Ich werde meinen engen Austausch mit den Sozialpartnern fortsetzen. Es zeigt sich erneut, wie wichtig die Sozialpartnerschaft für die Stabilität unseres Landes ist. Gerade in der Krise beweist sich die ganze Stärke des Modells. Die Sozialpartner übernehmen Verantwortung auch dafür, dass wir auch diese Krise meistern. Das gilt gerade für die Frage der Infektionskontrolle in der Arbeitswelt und vieles andere mehr.

Unser gemeinsamer Aufruf an Unternehmen, Personalverantwortliche und Führungskräfte: Ermöglichen Sie das Arbeiten von zu Hause! Sie wissen am besten, wie es geht, wo es geht und wie es gelingt. Es ist nötiger denn je. Viele Arbeitskontakte lassen sich heute digital gestalten. Das ist nicht immer ideal, aber es schützt mit Sicherheit vor Ansteckung.

Und unser Aufruf an alle Beschäftigten: Wenn Sie die Möglichkeit haben und es bisher noch nicht tun, arbeiten Sie im Homeoffice! Gehen Sie nicht ins Büro, wenn Sie nicht zwingend müssen! Jede Fahrt zur Arbeit in der S-Bahn oder im Bus, die vermieden werden kann, hilft. Diejenigen, die von zu Hause aus arbeiten können, die sollten es jetzt tun. Spätestens jetzt. Von zu Hause zu arbeiten, schützt auch die Kollegin und den Kollegen.

Und vergessen wir nicht: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitssystem stemmen in diesen Wochen eine wirklich übergroße Belastung, und die können nicht zu Hause bleiben. Deren Wunsch ist aber klar: Wem es möglich ist, der möge seine Arbeit von zu Hause aus machen, ohne sich auf irgendeinen Weg zu machen.

Ich weiß: Das Arbeiten zu Hause bringt auch Schwierigkeiten mit sich. Für Familien kann Homeoffice und Homeschooling eine große Belastung sein. Und längst nicht jede und jeder hat überhaupt die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten.

Ich möchte an dieser Stelle all jenen danken, die Tag für Tag ihre wichtige Arbeit machen – in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen; aber auch Industrie und Produktion, Logistik und Handel dürfen wir nicht vergessen. Die Menschen dort sichern unsere tägliche Versorgung. Für diese Beschäftigten müssen die Arbeitgeber alle nötigen Hygienemaßnahmen zum Schutz der Gesundheit zur Verfügung stellen.

Viele haben ihre Kontakte schon maximal reduziert. Kinder und Jugendliche meistern den digitalen Fernunterricht trotz mancher Hürden, können Freunde nicht sehen, haben kaum Freizeitmöglichkeiten – da sollte auch die Arbeitswelt in nichts nachstehen und alle Möglichkeiten nutzen.

Helfen Sie mit, dass wir die Pandemie besser in den Griff bekommen! Mit jedem Tag steigt die Zahl der Menschen in Deutschland, die sich gegen das Virus impfen lassen. Das ist unser Licht am Horizont. Aber wir wissen: Es dauert noch, bis alle die, die sich impfen lassen wollen, auch geimpft werden können. Deshalb sind eben jetzt alle gefordert.

Zeigen wir nicht mit dem Finger auf die anderen. Tun wir selbst, was getan werden muss. Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung für die gesamte Gesellschaft!

Gemeinsamer Appell mit den Spitzen von Arbeitgebern und Gewerkschaften

Die Corona-Krise hat unser Land und jeden einzelnen von uns in den zurückliegenden Monaten vor große Herausforderungen gestellt. Dennoch haben wir gemeinsam nicht nur im Kampf gegen das Virus viel erreichen können. Hunderttausende Arbeitsplätze konnten durch Kurzarbeiterregelungen erhalten werden. Zahlreiche Unternehmen haben notwendige staatliche Unterstützung erhalten.

Die aktuelle Zahl der Infektionen und insbesondere die neue Variante des Coronavirus erfordern von uns weitere Anstrengungen. Wir müssen gemeinsam im Rahmen unserer Möglichkeiten alles tun, um weitere Infektionen zu vermeiden, um damit die Gesundheit und das Leben vieler zu schützen. Das gilt nicht nur für das Privatleben, sondern auch für das Arbeitsleben.

Arbeitgeber, Beschäftigte, Betriebs- und Personalräte sind bislang sehr verantwortungsvoll mit der schwierigen Situation umgegangen. Die Umsetzung von Pandemieplänen, Hygienekonzepten und der zwischen den Sozialpartnern, der Bundesregierung sowie Bundesländern und den Unfallversicherungsträgern vereinbarten SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregeln haben dazu geführt, dass der Arbeitsplatz im Vergleich ein sicherer Ort ist.

Dennoch müssen wir jetzt die Kontakte weiter einschränken und die Mobilität verringern. Arbeiten im Homeoffice trägt dazu bei. Homeoffice ist nicht für jeden Beruf oder jede Tätigkeit geeignet. Produktion, Fertigung, Pflege und die Versorgung mit wichtigen Gütern erfordern zum Beispiel Präsenz. Oft sprechen auch betriebliche Abläufe dagegen. Wo es möglich ist, bieten Unternehmen ihren Beschäftigten heute bereits weitgehend Homeoffice an. Es kann jedoch noch mehr getan werden – wobei hier Arbeitgeber, Beschäftigte und Betriebsräte gemeinsam in der Pflicht stehen, diese Möglichkeit verantwortungsvoll zu nutzen.

Wir appellieren an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Personalverantwortliche sowie Führungskräfte, wo immer dies möglich ist, ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in dieser Situation Homeoffice anzubieten. Gleichzeitig appellieren wir an die Beschäftigten, diese Angebote, soweit sinnvoll und möglich, anzunehmen und von zu Hause zu arbeiten.

Wir wissen, dass Homeoffice für viele Unternehmen eine finanzielle, organisatorische und auch datensicherheitstechnische Belastung darstellt. Für Beschäftigte kann Homeoffice eine soziale und emotionale Belastung darstellen. Homeoffice in diesem Ausmaß ist eine Ausnahme, die die aktuelle Pandemie erfordert. Wir sind zuversichtlich, dass wir mit einer gemeinsamen Anstrengung und den angelaufenen Impfungen diese Herausforderungen bewältigen können.